Pferde-ABC

Mein Pferd …das unbekannte Wesen?

Lernen Sie Ihr Pferd richtig verstehen! Das sind Sie ihm und sich schuldig!

Die Vorfahren unserer Pferde lebten in Steppen in ständiger Fluchtbereitschaft vor großen Raubtieren. Das Leben in der Herde gab ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit. Frühzeitiges Wittern von Gefahren und sofortige Flucht sicherten das Überleben. Pferde können von „Null auf Hundert“ beschleunigen und viele ihrer Sinnesleistungen sind exzellent – viel besser als die des Menschen.
Unsere Pferde leben heute zwar nicht mehr in Steppen, aber ihr Verhalten entspricht noch weitgehend dem ihrer wilden Vorfahren.

Wer mit Pferden umgeht, muss ihr Verhalten kennen, da es anderenfalls zu Problemen kommt, die nicht nur die Freude im Umgang mit dem Pferd trüben, sondern für das Pferd tierschutzwidrig und für den Menschen ausgesprochen gefährlich sein können.

Probleme im Umgang mit Pferden sind fast immer ein Zeichen von Verständigungsfehlern zwischen Mensch und Pferd. Ein Pferd denkt nicht wie ein Mensch und will ihn auch nicht ärgern!

„Macken“ und „Untugenden“ von Pferden sind menschengemacht! Ein kleiner Auszug aus dem “Pferdeverhaltens–ABC“ zum besseren Kennenlernen:

Aggression gegen den Menschen: Ursachen sind häufig Schmerz, Angst oder bedrohliches und aggressives Verhalten des Menschen dem Pferd gegenüber.

Angst ist eine der häufigsten Ursachen für unerwünschtes Verhalten. Pferde haben als Fluchttiere vor allen möglichen Dingen, die sie nicht kennen oder als negativ kennengelernt haben, Angst und versuchen, der (vermeintlichen) Gefahrenquelle auszuweichen.

Augen. Mit den seitlich angeordneten Augen haben Pferde einen hervorragenden Blick zur Seite und nach hinten und nehmen Dinge eher und anders wahr als der Mensch. Was direkt vor bzw. unter ihnen und über Augenhöhe ist, können sie hingegen nicht gut sehen, was Anlass für Scheuen und Kopfscheue sein kann.

Betteln ist eine Unart, die nicht nur ausgesprochen lästig sein kann, sondern die auch durch ständiges Schlagen gegen Boxentüren und Wände zu Verletzungen führen kann. Leckerbissen sollten niemals einfach so gegeben werden, sondern nur gezielt, wenn man etwas belohnen will. Ein Lob über die Stimme oder eine Streicheleinheit tun es allerdings auch!

Bewegung ist lebensnotwendig für die Gesundheit von Körper und Seele! Pferde auf der Weide bewegen sich ca. 16 Stunden täglich und fressen dabei. Bevorzugte Gangart ist dabei der Schritt. 23 Stunden Boxenaufenthalt und nur eine Stunde Training am Tag sind definitiv nicht pferdegerecht!

Erziehung ist notwendig für ein entspanntes Miteinander von Pferd und Mensch.

Futter soll so beschaffen sein, dass Pferde einen großen Teil des Tages mit Fressen verbringen können. Gras, gutes Heu und Stroh sind wichtiger als Kraftfutter. Eine Überfütterung des Pferdes ist genauso tierschutzrelevant wie eine Mangelernährung.

Gesellschaft. Pferde sind Herdentiere und brauchen Sozialkontakte zu ihresgleichen. Die Haltung eines einzelnen Pferdes ohne Artgenossen ist unter Tierschutzgesichtspunkten nicht mehr zu vertreten!

Gesundheit. Pferde empfinden anders als Menschen; sie sind Frischluftfanatiker. Wenn uns kalt ist, frieren sie noch lange nicht. Warme Ställe, dicke Decken, fehlende Frischluft können das Wohlbefinden des Pferdes negativ beeinflussen und seine Gesundheit schädigen.

Lob ist der Schlüssel für die Pferdeerziehung! Erwünschtes Verhalten muss belohnt werden; so kann ein Pferd verstehen, was Sie von ihm wollen und wird dieses Verhalten bereitwillig zeigen.

Ohren. Durch die Beweglichkeit der Ohren haben Pferde ein hervorragendes Hörvermögen, das dem des Menschen weit überlegen ist. Schreien im Umgang mit Pferden ist daher völlig überflüssig!

Schmerz, hervorgerufen durch Störungen der Gesundheit oder unpassenden Sattel, fehlerhaft verschnallten Zaum oder nicht korrekt sitzendes Geschirr, ist häufig eine aus Sicht des Pferdes logische Ursache für unerwünschtes Verhalten, „Ungezogenheiten“ und schlimmstenfalls Unfälle.

Sprache. Deutlich hörbar für den Menschen ist lediglich das Wiehern. Pferde „sprechen“ aber mit ihrem ganzen Körper und mit einer ganz feinen Gesichtsmimik. Das Erlernen der Pferdesprache ist die Voraussetzung für eine gute Mensch-Pferd-Beziehung.

Strafe. Ein scharf gesprochenes „NEIN“ reicht oftmals aus, um ein unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen. Weiterreichende Strafen sind nur selten erforderlich und gerechtfertigt. Falsche und unsachgemäße Bestrafung kann zu einer Störung der Mensch-Pferd-Beziehung und zur Entstehung von Verhaltensproblemen führen.

Verantwortung für Gesundheit, artgerechte Haltung und einen tierschutzgerechten Umgang mit dem Pferd haben Sie ein ganzes Pferdeleben lang!

Verhaltensprobleme bei Pferden sind oft Ausdruck von Fehlern im Umgang mit ihnen. Für das Pferd normale Verhaltensweisen können im täglichen Umgang zu Problemen führen (z.B.: beim Verladen, beim Trennen von Artgenossen etc.).

Verhaltensstörungen sind sehr ernst zu nehmende Abweichungen vom Normalverhalten, die eine psychische Erkrankung darstellen.

Wasser muss immer frei verfügbar sein. Pferde trinken nicht so oft, aber wenn, können es schon mal 20 Liter auf einmal sein.

Zu guter Letzt
Für alle, die mehr über Pferdeverhalten/-haltung wissen möchten, empfehlen wir folgende Bücher:

Kompetente Antworten auf Fragen zu den Themen Pferdeverhalten, pferdegerechte Haltung und Fütterung bekommen Sie in Ihrer Tierarztpraxis!

Für die Behandlung von Verhaltensproblemen oder Verhaltensstörungen Ihres Pferdes stehen spezialisierte Tierärztinnen und Tierärzte zur Verfügung, an die Sie bei Bedarf verwiesen werden können.

Mit freundlicher Genehmigung: Mike Hoppmann – Tierärztekammer Niedersachsen